Ihre leitende Funktion erfüllen die kirchenleitenden Organe zwar grundsätzlich eigenständig im Sinne der jeweiligen konkreten Aufgabenschreibung nach den einschlägigen Verfassungsartikeln infolge unterschiedlicher Zuständigkeiten und Kompetenzen. Absatz 1 beschreibt aber das notwendige Zusammenwirken aller kirchenleitenden Organe mit der in neueren Kirchenverfassungen und Grundordnungen geläufigen Formel der „arbeitsteiligen Gemeinschaft und gegenseitigen Verantwortung“ (vgl. zum Beispiel Artikel 54 Absatz 1 Kirchenverfassung der EKM, Artikel 77 der Nordkirche). Hierdurch werden die Gedanken des kirchlichen Auftrages, dem nach Artikel 1 alle dienen, der Dienst- und Zeugnisgemeinschaft, der nach Artikel 3 Absatz 4 alle verbunden sind, und der Leitung in geistlich und rechtlich unaufgebbarer Einheit, zu der gemäß Artikel 6 Absatz 2 alle verpflichtet sind, auf das landeskirchliche Leitungshandeln bezogen. Konkret betont diese Vorschrift, dass die kirchenleitenden Organe auf die ihnen jeweils zugesprochene Weise, aber in einem besonderen Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung die in Artikel 43 beschriebenen Aufgaben wahrnehmen.
In diesem Sinne gibt es auch einzelne Zuständigkeiten in grundlegenden Angelegenheiten, wie beispielsweise die Befassung mit theologischen Grundsatzfragen, die bewusst nicht einem Organ allein überantwortet sind, sondern mit denen sich mehrere Organe befassen (Artikel 45 Absatz 2, Artikel 48 Absatz 1 Satz 4, Artikel 51 Absatz 3 Satz 3). Diese gemeinsame Aufgabenwahrnehmung bedingt zwingend eine enge Abstimmung. Insbesondere bei Fragen von grundsätzlicher Bedeutung muss gewährleistet werden, dass alle kirchenleitenden Organe in die Entscheidungsfindung einbezogen werden und aktiv zur gemeinsamen Willens- und Konsensbildung beitragen. Deshalb statuiert Absatz 2 Satz 1 ausdrücklich eine entsprechende Verpflichtung aller Organe. Auf welchem Wege die genannten Organe untereinander für eine einheitliche Willensbildung sorgen, lässt die Verfassung offen. Satz 2 eröffnet allerdings ausdrücklich die Möglichkeit, für die Bearbeitung von einzelnen Themen gemeinsame Ausschüsse zu vereinbaren. Dies ist umso wichtiger, als es künftig kein geborenes Verfassungsorgan mehr geben wird, in dem sich Vertretende aller kirchenleitenden Organe regelmäßig über wichtige Angelegenheiten der Landeskirche austauschen und entsprechende Verabredungen für ein Verfahren der gemeinsamen Willensbildung treffen. Nach der bisherigen Verfassungslage ist dies zwar der Kirchensenat, in der Praxis hat er diese Aufgaben aus unterschiedlichen Gründen aber nicht wahrgenommen bzw. wahrnehmen können. Mit der Möglichkeit der Bildung gemeinsamer Ausschüsse soll der bisherigen Praxis Rechnung getragen werden, dass zu besonderen Themen und Fachbezügen nach Abstimmung und Übereinkunft unter den kirchenleitenden Organen besondere Ausschüsse eingesetzt worden sind, die ihren Auftrag anlassbezogen und zeitlich befristet erledigt haben. Alle Organe sind hieran in gleichwertiger und repräsentativ angemessener Weise zu beteiligen. Die Initiative kann dabei von jedem kirchenleitenden Organ ausgehen.
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens ist u. a. vom Ausschuss für Theologie und Kirche der Landessynode nach dem „Ort“ gefragt worden, an dem in der Landeskirche eine gemeinsame Urteilsbildung in theologischen Grundsatzfragen stattfindet, und durch Beschlussfassung der Landessynode ist der Verfassungsausschuss aufgefordert worden, diese Frage näher zu prüfen. Der Verfassungsausschuss hat ausführlich erörtert, ob ein solcher „Ort“ etwa in Gestalt eines gesonderten Gremiums in der Verfassung aufgeführt werden sollte, oder ob in der Verfassung eine „Pflicht zur gemeinsamen theologischen Urteilsbildung“ an geeigneter Stelle festgeschrieben werden müsste. Der Ausschuss unterstreicht die Notwendigkeit einer gemeinsamen Urteilsbildung in theologischen Grundsatzfragen. Die Behandlung theologischer Grundsatzfragen ist zunächst eine wesentliche Aufgabe, die jedem kirchenleitenden Organ obliegt. In den Fällen aber, in denen eine gemeinsame organübergreifende Urteilsbildung erforderlich ist, ist das Zusammenwirken nach Satz 2 geboten und auch möglich. Ein solches Zusammenwirken zur Klärung einer gemeinsamen Urteilsbildung in theologischen Grundsatzfragen ist in der Vergangenheit etwa bei den theologischen Begründungen des Perspektivausschusses nach Teil I des Aktenstückes Nr. 98 der 23. Landesynode, bei den „kirchlichen Handlungsfeldern“ gemäß geltendem Finanzausgleichsgesetz oder bei der Verfassungsänderung mit Blick auf das Verhältnis von Christen und Juden immer wieder initiiert und praktiziert worden. Dieses Zusammenwirken im Sinne einer „gemeinsame Verantwortung“ der kirchenleitenden Organe wird weiterhin sinnvollerweise nur anlassbezogen erfolgen können. Da diesbezüglich jedes kirchenleitende Organ initiativ werden kann, bedarf es keiner übergeordneten gesonderten Struktur. Die „Pflicht“ zu einer solchen Urteilsbildung wiederum ergibt sich dezidiert aus dem Auftrag der Kirche nach Artikel 1 des Verfassungsentwurfes und bedarf daher ebenfalls keiner zusätzlichen Erwähnung.