Artikel 76 | Gesamtkirchliche Rechtsetzung

(1) 1Entwürfe von Ordnungen nach Artikel 72 sowie Gesetzentwürfe eines Zusammenschlusses nach Artikel 4 Absatz 1 oder 2, die die Rechtsetzung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers berühren, hat das Landeskirchenamt alsbald dem Landessynodalausschuss zur Unterrichtung zuzuleiten. 2Stellungnahmen der Landeskirche zu Entwürfen nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung des Landessynodalausschusses.

(2) 1Die Zustimmung der Landeskirche zu einem von der Evangelischen Kirche in Deutschland mit Wirkung für ihre Gliedkirchen beschlossenen Kirchengesetz bedarf der Ermächtigung durch ein Kirchengesetz der Landeskirche. 2Wenn durch dieses Kirchengesetz die Verfassung der Landeskirche geändert wird, gilt Artikel 70 Absatz 2 entsprechend.

(3) Für eine Erklärung über das Außerkraftsetzen eines Kirchengesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland für die Landeskirche gilt Absatz 2 entsprechend.

Erläuterungen zu Artikel 76

Im Interesse einer einheitlichen Regelung innerhalb der Gliedkirchen der EKD geht die Gesetzgebungskompetenz für verschiedene Regelungsbereiche zunehmend auf die EKD über. Das gilt vor allem für das öffentlich-rechtliche Dienstrecht (Pfarrdienstgesetz, Kirchenbeamtengesetz, Disziplinargesetz, Besoldungs- und -versorgungsgesetz) und das kirchliche Arbeitsrecht (Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz), aber auch für Bereiche wie das Verwaltungsverfahren, den Schutz des Seelsorgegeheimnisses, das kirchliche Mitgliedschaftsrecht und den Datenschutz.

Artikel 76 enthält Verfahrensregelungen, die sicherstellen sollen, dass bei solchen Gesetzen, aber auch bei Gottesdienstordnungen der VELKD (Artikel 72), die Gesetzgebungshoheit der Landessynode gewahrt bleibt:

  • Nach Absatz 1 ist der Landessynodalausschuss vom Landeskirchenamt alsbald über Gesetzentwürfe zur Änderung bestehender oder zur Einführung neuer gesamtkirchlicher Gesetze zu unterrichten. Landeskirchliche Stellungnahmen zu solchen Gesetzentwürfen bedürfen der Zustimmung des Landessynodalausschusses.
  • Nach Absatz 2 ist bei der Übernahme neuer Gesetze der EKD oder der VELKD mit Wirkung für die Landeskirche ein Kirchengesetz und damit die Zustimmung der Landessynode erforderlich.
  • Mit der Übernahme von Gesetzen der EKD oder der VELKD geht die Gesetzgebungskompetenz für die darin geregelten Rechtsmaterien auf die EKD bzw. die VELKD über. Zu Änderungen solcher Gesetze kann die Landeskirche zwar nach Absatz 1 Stellung nehmen. Sie ist aber an die Regelungen der EKD bzw. der VELKD gebunden und kann sie nicht verändern oder davon abweichen, es sei denn das Gesetz der EKD oder der VELKD lässt eine Abweichung ausdrücklich zu. Seit dem Jahr 2005 eröffnen die meisten EKD-Gesetze den Landeskirchen allerdings die Möglichkeit, dieses Gesetz als Ganzes für ihren Bereich außer Kraft zu setzen und die Rechtsmaterie wieder selbst zu regeln. Absatz 3 stellt sicher, dass auch der Ausstieg aus einem EKD-Gesetz eines Kirchengesetzes bedarf und damit nur mit Zustimmung der Landessynode möglich ist.